Studentisches Wohnen in Weende, Wettbewerb 2014 (Erläuterungen von usarch)
Der Stadtteil Weende in Göttingen stellt sich als gebaute Assemblage vor, als ein, wie der Philosoph sagt, „kontingentes Ensemble von Praktiken und Gegenständen, zwischen denen unterschieden werden kann“. Das hört sich zunächst nicht so schlecht an, sind wir doch alle auch selbst und durch unsere individuellen Lebensentwürfe, die wir in und mit unseren Wohnungen repräsentieren, verschieden von einander. Weende ist also keinesfalls eine Ansammlung von Gleichwertigem oder –artigem, als vielmehr von Verschiedenem, eine Ansammlung zeitgebundener Ideen, sich schnell mit einander abwechselnder Vorstellungen und Entwürfe vom Wohnen.
Identität: Korrespondenz der Orte
Aber vor dem Wie kommt das Wo: Wo wohnen wir? Antwort: In Göttingen, in Weende. Genau damit aber wird die eigentliche Frage nach dem Ort aufgeworfen, denn „Weende“ erscheint vor Ort, wie viele andere Orte an anderen Orten: austauschbar.
Von den unmittelbaren Lagebestimmungen der baulichen Anlage abgesehen, lässt sich denn auch ein lokaler Anhaltspunkt für die architektonische Neuverortung nur schwer ausmachen. Sie ist vielmehr mittelbar vorgenommen und von der Widmung abgeleitet. Topologisch schlägt der Bau für das studentische Wohnen eine assoziative Brücke zu den älteren Universitätsgebäuden Göttingens. Zwar kann diese räumliche Beziehung von keinem Standpunkt der Stadt in den Blick genommen werden, ästhetisch aber ist sie wegen der offensichtlichen Ähnlichkeiten als „Korrespondenz der Orte“ wirksam: Die Tektonik von Räumen und Formen, die baulichen Elemente und ihr Gefüge, die Materialien Backstein, Beton, Putz und Stahl schlagen nicht zuletzt auch mit der ihnen entsprechenden Farbigkeit eine assoziative Brücke: das tonige Rotbraun im Verlauf zu Ockergelb, das mineralische Betonblau, das verwaschene Grün des gestrichenen Putzes und das glimmernde Anthrazit der Stahlelemente. Mit der inneren und äußeren Raumgestaltung der Architektur etabliert das Projekt im peripheren Feld der Stadt, in Weende, das „Städtische“: ein neues Stück Göttingen.
Kultur: Wohnen an Wegen, Höfen und Gärten
Das studentische Wohnen interpretiert der Entwurf als ein gemeinsames und gemeinschaftliches Wohnen. Nach Osten und nach Westen sind die Zimmer der Ein- oder ggf. auch Zweiraumwohnungen mittels der Balkone zu den „inneren“ Gärten orientiert. Die Lage erlaubt den Wohnenden weitest gehenden Rückzug für ein ungestörtes Studieren.
Das Gemeinsame und Gemeinschaftliche findet entlang der Höfe und der Wege zu den Wohnungen zahlreiche Orte der Begegnung. In den Gemeinschaftsräumen und den ihnen vorgelagerten Gärten finden das gemeinsame Kochen, Waschen und Spielen statt. Hier nehmen Feste Platz, die Gemeinsamkeit sind und darstellen.
Wie Wohnen wir? Antwort: Gemeinsam an den Wegen, den Höfen und den Gärten der Stadt.
Projekt: Göttinger Sieben
Anmerkung/en: [Wettbewerb: Entwurf]
Ort: Göttingen-Weende
Jahr: 2014 - 2015